Gesetzlich Versicherte
Für sie haben sich die Rahmenbedingungen für den Zugang zu Psychotherapie seit dem 01.04.2018 erheblich verschlechtert.
Wenn Sie gesetzlich versichert sind, sieht die Situation folgendermaßen aus: Zum einen sind Sie auf zwei Berufsgruppen beschränkt (grundsätzlich dürfen nur ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten mit Kassenzulassung behandeln), zum anderen resultieren aus dieser Einschränkung innerhalb der kassenärztlichen Versorgung Wartezeiten auf einen Therapieplatz zwischen sechs und 24 Monaten.
Grundsätzlich bedeutet: Es bestehen Ausnahmen! Eine solche hat der Gesetzgeber für den Fall geschaffen, dass eine Behandlung dringend erforderlich ist. In diesem Fall haben Sie die Möglichkeit, bei Ihrer gesetzlichen Krankenversicherung einen Antrag auf eine sogenannte außervertragliche Psychotherapie zu stellen. Formal ist dies ein Antrag auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 SGB V.
Unter folgenden Voraussetzungen haben Sie die Möglichkeit, die Wartezeiten zu verkürzen:
- Ein Kassentherapeut oder entsprechender Facharzt stellt fest, dass Sie eine psychotherapeutische Behandlung benötigen und begründet die dringende Notwendigkeit der Behandlung
und
- Sie sind mit unzumutbar langen Wartezeiten auf eine Akutbehandlung oder einen Therapieplatz bei einem Vertragsbehandler der gesetzlichen Krankenkassen (Kassentherapeut) konfrontiert (laut Bundessozialgericht mehr als drei Monate bei Erwachsenen bzw. mehr als sechs Wochen bei Kindern und Jugendlichen).
Unter diesen Voraussetzungen ist eine außervertragliche Psychotherapie nach § 13 Abs. 3 SGB V und damit die Verkürzung der Wartezeit auf drei bis vier Wochen möglich. Diese Informationen wird Ihnen Ihre Krankenkasse vorenthalten haben.
Wenn Sie diesen Weg gehen wollen, laden Sie die Anleitung zur Therapieplatzsuche und Antragstellung (siehe Download unten) herunter und verfahren Sie exakt so, wie dort beschrieben. Sie ersparen sich damit unnötige Rückfragen und Zeitverluste. Ohne eine Genehmigung durch Ihre Krankenversicherung sind Termine ausschließlich als Selbstzahler möglich.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Ihre Krankenkasse sich einiges einfallen lassen und versuchen, die Behandlung zu verhindern, zu verzögern oder Ihnen einen rechtswidrigen Selbstbehalt aufzubürden.
Viele Krankenkassen behaupten dreist, dass die Grundlage für eine außervertragliche Psychotherapie weggefallen sei. Begründet wird dies mit der Neuauflage der Psychotherapierichtline im April 2017. Dies ist dreist gelogen und erfüllt nach unserer Einschätzung den Tatbestand einer strafbewehrten Handlung (Betrug, § 263 StGB).
Tatsache ist, dass eine Richtlinie eine Selbstverpflichtung darstellt. Dies gilt analog für die Psychotherapierichtline. Ein Gesetz, wie das Sozialgesetzbuch, ist eine sogenannte Rechtsnorm, an die sich jeder zu halten hat. Dies gilt insbesondere für Krankenkassen!
An die Krankenkassen, deren Mitarbeiter durch einen besonderen Einfallsreichtum hervorstechen, wenn es darum geht, außervertragliche Psychotherapien zu verhindern, vergeben wir regelmäßig den Kreativ-Preis der Psychotherapie Dortmund Süd. Die aktuellen Preisträger sind
- Techniker Krankenkasse
- AOK Nordwest
- Barmer GEK
- DAK Gesundheit
- Knappschaft Hamm
- VIACTIV Krankenkasse
Ihre Krankenkasse wird Sie an die Terminservicestelle (Telefon: 0231 116 117) der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) zur Vermittlung einer psychotherapeutischen Sprechstunde verweisen.
Seit Inkrafttreten der neuen Psychotherapierichtlinie am 01.04.2017 ist die Terminservicestelle der KV verpflichtet, Ihnen freie Termine bei Psychotherapeuten vermitteln. Dies gilt für die Psychotherapeutische Sprechstunde und Akutbehandlungen.
Die Psychotherapeutische Sprechstunde ist ab dem 01. 04. 2018 verpflichtend. Der Gemeinsame Bundesausschuss Psychotherapie (G-BA) feiert diese seit dem 01.04.2017 bestehende Regel als Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung. Tatsächlich jedoch verlängert die Neuauflage der Psychtherapierichtlinie die Wartezeit auf einen Therapieplatz.
Jede Kassenpraxis ist verpflichtet, eine entsprechende Anzahl an Sprechstunden pro Woche anzubieten. Ein Psychotherapeut oder entsprechender Facharzt klärt zunächst im Rahmen der Psychotherapeutischen Sprechstunde, ob bei den Betroffenen eine psychische Störung besteht. Ist dies der Fall, leitet anschließend die Therapieplatzvermittlung der KV in dringenden Fällen eine Akutbehandlung und in „normalen“ Fällen eine Psychotherapie ein. Die Akutbehandlung erfolgt ggf. in einer Klinik. Dort wird häufig eine Behandlung unter Medikamenteneinsatz durchgeführt. Die Pharmalobby lässt grüßen.
So weit, so schlecht. Der Gedanke, durch diese Maßnahme die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu verkürzen, war bereits im Vorfeld vollkommen absurd. Die Sprechstunden gehen vom Stundenkontingent der Therapeuten ab. Folgerichtig bleibt für die eigentlichen Behandlungen weniger Zeit verfügbar. Dies verlängert die Wartezeiten auf einen Therapieplatz weiter.
Die Absicht, die Terminvergabe für eine psychotherapeutische Sprechstunde innerhalb von vier Wochen zu realisieren, ist der Treppenwitz des Jahrtausends. Heute, fünf Wochen nach Inkrafttreten, liegen die Wartezeiten bei acht Wochen. Diese Entwicklung wird sich weiter fortsetzen.
Die Terminservicestelle der KV war in der Vergangenheit nicht dazu in der Lage, kurzfristig Therapieplätze zu vermitteln, weil es keine gab. Eine Änderung der Situation ist nicht absehbar, da die KV nicht dazu in der Lage ist, Therapieplätze „aus dem Ärmel zu zaubern“. Als Fazit dieser Maßnahme bleibt die vermutete Absicht, Therapieplatzsuchende „am langen Arm verhungern zu lassen“. Die Tatsache, dass Therapiesuchende keine Informationen über die Ausnahmeregelung nach § 13 Abs. 3 SGB V erhalten, ist ein weiteres Indiz dafür.
Unabhängig davon, ob und welche Steine Ihre Krankenkasse Ihnen in den Weg legt, unterstützen wir Sie, Ihren gesetzlich festgelegten Anspruchs auf eine adäquate Behandlung durchzusetzen.
Eine Broschüre der BundesPsychotherapeutenKammer (BPtK) zum Kostenerstattungsverfahren finden Sie hier.
Es stehen Ihnen folgende Downloads zur Verfügung:
Anleitung zur Therapieplatzsuche und Antragstellung
Telefonprotokoll (Nachweis über die mangelnde Verfügbarkeit an Kassentherapeuten)
Wenn Sie den Aufwand, den Sie betreiben müssen, um kurzfristig einen Therapieplatz zu erhalten, für Menschen mit seelischen Problemen als unzumutbar empfinden, gebe ich Ihnen uneingeschränkt Recht! Ich gehe noch weiter und stelle fest, dass dieses – meines Erachtens – zynische und menschenverachtende Prozedere seit vielen Jahren niemanden der Verantwortlichen ernsthaft interessiert!